Ö P N V - Öffentlicher Personennahverkehr
Letzte Aktualisierung: 18. August 2004 Ö P N V - Teil 4 A. Stadtbus Kronberg im Taunus – ein zukunftsweisendes Konzept auf dem Prüfstand Seit Juli 2001 gehören sie zum Stadtbild Kronbergs, die fünf modernen, klimatisierten Niederflur-Midi-Busse von Typ Cito. Mit vielen Vorschusslorbeeren bedacht, mit vorbildlichem Marketingaufwand begleitet, mit stark verbilligtem Fahrschein in der Einführungsphase, aber auch gegen heftigen Widerstand verschiedener politischer Gruppierungen eingeführt, verbindet der Kronberger Stadtbus die drei Stadtteile in einem ausgeklügelten 30/60-Minutentakt. Zwischen den drei Linien (71, 72, 73) bestehen gleich an mehreren Haltestellen (Bahnhof, Berliner Platz, Altkönigschule, Limburger Straße, Schönberger Straße, bedingt: Oberhöchstadt Kirche) hervorragende Umsteigebedingungen, die durch ständigen Funkkontakt zwischen den Fahrern, die sich im noblen Kronberg Chauffeure nennen dürfen, zudem noch garantiert werden. Außerdem sind die Stadtbusse optimal mit der S4 und den Regional- und Lokalbuslinien 917, 872 und 801 verknüpft. Ergänzt wird das Busangebot in der SVZ durch ein hervorragendes AST-System bzw. das AST bedient ganztags periphere Ziele mit ganz geringem Fahrgastaufkommen (74,75,76). Die besondere Situation Kronbergs und seiner Stadtteile gebietet förmlich die Einführung eines Stadtbussystems als Ergänzung zu den bestehenden Regional- und Lokalbuslinien sowie als Zubringer zur S-Bahn. Bahnhof, Altkönigschule, Schwimmbad und Sportplatz liegen weit entfernt von den verschiedenen Wohngebieten. Viele Straßen sind zu eng zum Befahren von normalen Linienbussen. Die fünf Altenwohnheime wurden an landschaftlich ausgesuchten Plätzen, aber weit weg von jeglichen Kommunikationszentren, errichtet. Die Topographie ist dergestalt, dass die Zentren für ältere Menschen zu Fuß nur schwerlich oder überhaupt nicht erreichbar sind. Zumindest in Schönberg gibt es kein einziges Lebensmittelgeschäft zur Deckung des Grundbedarfes mehr. Diese Gegebenheiten und ein – wenn man es erst einmal verstanden hat – klares Konzept, ließen die Macher auf eine durchschlagende Akzeptanz hoffen. Kronberg Bahnhof; "Weiße Flotte" wartet auf Ankunft der S-Bahn ... ... mit Übergang auf Regional- und Lokalbusse Entscheidend für die Annahme eines Stadtbuskonzeptes ist auch ein dichtes Haltestellennetz. Der Fahrgast soll möglichst nicht mehr als 400 Meter von seiner Wohnung bis zur nächsten Haltestelle zurücklegen müssen. Die angefahrenen Zentren müssen unmittelbar erreichbar sein. Überdachte Sitzmöglichkeiten an den wichtigsten Haltepunkten sind ein weiteres Muss. Kronberg hat heute ein Netz von 62 Doppelhaltestellen (Quelle: Stadtbusbüro Kronberg) und weitere 21 Haltepunkte ausschließlich für das AST. Von den Bushaltestellen sind 23 mit einem Schutzdach versehen und 34 mit Fördermitteln des Landes (85 % der Baukosten wurden bezuschusst) für einen barrierefreien Zugang umgebaut worden. Alle Haltestellen weisen ein einheitliches Bild auf und sind somit schon von Weitem gut erkennbar. Auch die Kronberger „Weiße Flotte“ hebt sich im Straßenverkehr deutlich von allen anderen Fahrzeugen ab. Die „Chauffeure“ sind ohne jede Abstriche freundlich, so das eindeutige Votum der Fahrgäste, und jederzeit gehbehinderten Personen beim Ein- und Aussteigen behilflich. Hierfür – und auch das ist wichtig – weist der Fahrplan ausreichend Pufferzeiten auf. Doch der erwartete durchschlagende Erfolg ist – leider muss man sagen - auch nach drei Jahren störungsfreiem Betrieb ausgeblieben. Wie inoffiziell verlautet, werden an A täglich bei zusammen etwa 68 Betriebsstunden aller fünf Busse weniger als 1.500 Beförderungsfälle gezählt, an 6 sind es sogar – bei verkürzten Betriebszeiten – nur etwas mehr als 400. Ein mehr als mageres Ergebnis im Vergleich zu Städten mit ähnlichen Strukturen. Weit über die Hälfte aller Fahrgäste – so eigene Beobachtungen – nutzen den Stadtbus als Zubringer zur S-Bahn oder zu Regionalbuslinien. Die eigentliche Aufgabe eines Stadtbusses, nämlich Fahrtmöglichkeiten zum Einkaufen in der Innenstadt herzustellen, ist ohne erkennbaren Grund in Kronberg völlig unterrepräsentiert. Insgesamt 221.000 km legen die fünf Busse zusammen im Jahr zurück. Bei einigen Fahrten morgens ist die Kapazitätsgrenze der kleinen Busse bereits erreicht. Bei vielen Kursen tagsüber wird allerdings oft genug nur Luft durch die Stadt gefahren. Kritikern, die glauben, dass man durch Fahrplankürzungen Geld einsparen könnte, sei gesagt, dass eine Fahrplanausdünnung überhaupt keinen Sinn macht. Stadtbusse werden in aller Regel nach Gesamteinsatzstunden abgerechnet. Ein stehender Bus spart also keinen Cent ein, im Gegenteil, durch gekappte Anschlussverbindungen und insgesamt weniger Fahrgäste gehen nicht unerhebliche Einnahmen verloren und der konsequente Taktverkehr wird – als größtes Manko - gebrochen. Durchschnittlich € 900.000,00 sind im Haushalt der Stadt Kronberg als Zuschüsse für den ÖPNV eingeplant. Marktübliche Daten zu Grunde gelegt, dürfte der Anteil des Stadtbusses an den Gesamtausgaben etwa € 600.000,00 ausmachen, dazu kommen noch einmal etwa € 70.000,00 für die AST-Verkehre. Den Rest machen Zahlungen an den VHT bzw. RMV aus. Ab 2004 dürfte sich der Gesamtbetrag auf Grund der Kürzungen der Zuschüsse des Bundes und des Landes um 15 % noch einmal um € 140.000,00 erhöhen. Nur zu verständlich ist es, dass Forderungen nach einer radikalen Zusammenstreichung des Stadtbusnetzes in letzter Zeit in der Öffentlichkeit immer lauter werden, auf der anderen Seite aber Ängste geweckt werden, dass der Stadtbus eingestellt oder zumindest einige Abschnitte nicht mehr bedient werden. Das Ergebnis einer vom Magistrat in Auftrag gegebener Studie über Einsparmöglichkeiten steht allerdings noch aus, auch wenn durch Indiskretion schon einige Fakten und die zur Diskussion stehenden Lösungsvorschläge bereits in die Öffentlichkeit gelangt sind. Lesen Sie hierzu den Artikel in der TZ vom 31. Juli 2004 Der Deal heißt Vier-Bus-System Von Andreas Bloching Kronberg. Bei der Zukunft des Kronberger Stadtbussystems zeichnet sich ein Kompromiss ab. Wie die Taunus Zeitung in Erfahrung brachte, steuern CDU und FDP als Koalitionsvertreter sowie SPD, Grüne und UBG als Oppositionsparteien in der umstrittenen Frage nach monatelangem Konfrontationskurs doch noch aufeinander zu. Ins Auge gefasst ist demnach eine Lösung, bei der beide Seiten zwar unliebsame Abstriche und Zugeständnisse machen müssen, dabei jedoch nicht ihr Gesicht verlieren würden. Das Zauberwort – mit dem wohl beide Seiten zumindest leben könnten – lautet Vier-Bus-System, das vom Sommer 2006 an zum Einsatz kommen würde. Einerseits käme die schwarz-gelbe Koalition damit ihrem erklärten Ziel einer «Optimierung» – sprich Kostensenkung durch Abspeckung – näher, andererseits würde die Opposition das drohende Aus für den Kronberger Stadtbus verhindern und wenigstens den Fortbestand sichern. Von dem in den vergangenen Monaten von ihr favorisierten Drei-Bus-System würde die Koalition mit der «Konsenslösung» Abstand nehmen. Gleichzeitig würde die Opposition durch die genannten Zugeständnisse ihrerseits auch einen großen Schritt auf den politischen Gegner zumachen. Die Absprache auf ein System mit vier Bussen und modifizierten Fahrplänen kam in Gesprächen der erweiterten Betriebskommission mit dem Planungsbüro PGN aus Kassel zu Stande. In der Betriebskommission sitzen neben den PGN-Fachleuten auch Vertreter der Stadt Kronberg sowie der Fraktionen. Mit dem Vier-Bus-System könnten, so entsprechende TZ-Informationen, bis zu 100 000 Euro per anno im städtischen Haushalt eingespart werden. Wie ebenfalls bekannt wurde, ist vorgesehen, die Investitionen im Bereich des Marketings für den Stadtbus wieder deutlich anzuheben. Hier hatten CDU und FDP zuletzt im Etat kräftig gespart. Ein Experte habe verdeutlicht, dass der Erfolg des Stadtbusses maßgeblich von der Außendarstellung und Werbung abhängig sei. Rund 50 Prozent der Ersparnisse durch die Reduzierung um einen Bus sollen künftig ins Marketing gesteckt werden. Ob in diesem Zusammenhang auch über einen besseren Standort für das im Mai in die Altstadt verlagerte Stadtbusbüro (wir berichteten) nachgedacht wird, ist offen. Zu den genannten Plänen wollten sich die Fraktionsspitzen der Parteien gegenüber der Taunus Zeitung nicht äußern. Man müsse die weiteren Gespräche und eine Entscheidung abwarten, bevor man an die Öffentlichkeit treten könne, hieß es. «Ich möchte da nicht aus der Reihe scheren. Vor dem zweiten ,Workshop‘ im September werde ich keine Stellung nehmen», erklärte FDP-Fraktionschef Alexander Bobis- Deupmann auf TZ-Anfrage. So hielt es auch SPD-Fraktionsvorsitzender Peter Stuckenschmidt: «Wir haben Stillschweigen vereinbart.» Auf den möglichen «Kompromiss» angesprochen, sagte der Sozialdemokrat: «Den sehe ich noch nicht. Sollte es wirklich zu einer Reduzierung kommen, hieße das weniger Service als bisher.» Eine Veränderung, die dem SPD-Frontmann sichtlich nicht schmeckt. Außerdem, so Peter Stuckenschmidt, entscheide nicht die Betriebskommission, sondern das Parlament. CDU-Parteivorsitzender Stephan Ruegg machte sich im TZ-Gespräch bereits für eine zeitnahe Modifizierung zur nächsten Fahrplan- Umstellung des Rhein-Main-Verkehrsverbundes (RMV) gegen Ende dieses Jahres stark. «Ob das zu realisieren ist hängt natürlich davon ab, ob sich alle Vertragspartner einigen können. Andernfalls ist eine Änderung erst zum Ende des laufenden Vertrages möglich», so Ruegg. Bei den kommenden Gesprächen der Kommission dürfte auch Diskussionsbedarf bezüglich einer Linienführung durch die Altstadt bestehen. Hier, so wurde bekannt, seien Vertreter der Betriebskommission bereits beauftragt worden, das Gespräch mit der Spitze des Aktionskreises Lebenswerte Altstadt zu suchen. Bis Mitte September solle dies erledigt sein. StadtBus-Büro fröhnt (vorübergehend?) ein Schattendasein Nur allzu verständlich, dass bei allen Einsparungsvorschlägen das Sorgenkind der drei Buslinien, nämlich die Linie 72 (Oberhöchstadt Am Weidengarten – Kronberg Roter Hang), die im Wechsel mit der FKE-Linie 872 fast parallel verkehrt, also die Linie mit dem mit Abstand niedrigstem Deckungsgrad in erster Linie zur Disposition steht. Für die 72er-Teilstrecke Berliner Platz – Roter Hang und die Haltestellen im südlichen Bereich Öberhöchstadts (Am Weidengarten, Tennis Center, usw.) reicht die Bedienung durch den im 60-Minutentakt verkehrenden 872 vollkommen aus. Der Stadtbus 73 könnte dafür bei verkürzter Wendezeit am Altkönig-Stift über Oberhöchstadt Kirche, - Friedhof, – Gelber Weg und – Dalles geführt werden, ohne dass die wichtige Verknüpfungen mit der Linie 71 an der Altkönigschule geopfert werden muss und der Bahnhof in unverändert komfortabler Zeit erreicht wird. Die erforderlichen Pausenzeiten für die Fahrer könnten – wie auch jetzt schon zweimal täglich - durch einen, dann allerdings generellen Linienwechsel am Bahnhof, eingehalten werden. Weitere Kürzungen oder andere Linienvarianten würden das ursprünglich einmal von der Firma IGDB erarbeitete und seit nunmehr drei Jahren bewährte Liniennetz total aufbrechen, ohne dass ein Fahrgastplus erwartet werden kann. Wie der Besteller sich allerdings vorzeitig aus bestehenden Vertragsverhältnissen ohne Zahlung einer deftigen Konventionalstrafe lösen kann, steht dabei noch auf einem ganz anderen Blatt. Ende September 2004 wissen wir mehr, wenn die Presse Recht behält.
Netzplan Kronberg im Taunus
Barrierefreier Zugang in die Busse eine wichtige Voraussetzung für die Akzeptanz eines Stadtbus-systems - in Kronberg bei den wichtigsten Halte-stellen löblicherweise eine Selbstverständlichkeit
Wilfried W. F. Staub